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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Eröffnung der Museumssaison der friedens räume 2015

20. Apr 2015

Am 18. april wurde vom Trägerverein pax christi mit seiner Vorsitzenden Barbara Emrich die Museumssaison 2015 eröffnet. Grußworte kamen vom Oberbürgermeister der Stadt Lindau, Herrn Dr. Gerhard Eckert und vom Bezirkstagsvizepräsidenten Alfons Weber. Hauptreferent war der Generalsekretär von pax christi international José Henriquez aus Brüssel. mehr…

Kultur von Frieden und Versöhnung schaffen: Geteilte Herausforderungen und Hoffnungen

 

Saisoneröffnung des Friedens Räume Villa Lindenhof in Lindau

José Henríquez, Generalsekretär von Pax Christi International

 

Ein kurzer Gruß in Deutsch

 

Guten Morgen! Wie gern hätte ich mich heute mit Ihnen in deutscher Sprache unterhalten! Leider konnte ich aber nur diese beiden Zeilen auswendig lernen. Ich danke Ihnen für Ihr freundliches Verständnis und für Ihre Anwesenheit hier.

 

1. Einführung

 

Ich möchte damit anfangen, Ihnen meinen Dank  für die  Einladung, hier dabei zu sein, auszusprechen. Es ist mir wirklich ein Vergnügen. Besonders danke ich meinem Kollegen Christian und dem Team des Friedensmuseums. Ihre Begrüßung war wirklich sehr liebevoll.

 

Die Überschrift für diese Rede ist „Kultur von Frieden und Versöhnung schaffen – geteilte Herausforderungen und Hoffnungen“. Der erste Teil ist der Leitfaden, an den wir von Pax Christi International uns halten: 2015 feiern wir die 70. Wiederkehr unseres Bestehens! Aus diesem Grund will ich zum Anfang  einige Höhepunkte dieser Geschichte durchgehen; am Anfang ging es vor allem um den Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland.

 

Im zweiten Teil fand ich für meine Vorbereitung eine überwältigende Auswahl von Herausforderungen, die erwähnenswert sind - aber zuletzt  habe ich mich entschieden meinen Schwerpunkt nicht auf die besonders zu Herzen gehenden gewalttätigen Konflikte dieser Tage zu konzentrieren. Ich meine Syrien, Jemen, die Ukraine, Irak und andere. Natürlich sind diese besonders signifikant, und wir müssen darüber im Gespräch bleiben, aber nicht in der Art, wie es die Mainstream-Medien tun. Ich möchte Höhepunkte und Hoffnungen und Herausforderungen aus den verschiedenen Teilen  der Welt ansprechen. Viele davon stehen im Zusammenhang mit Mitgliedsorganisationen von Pax Christi. Einige davon finden jetzt statt, einige sind Vergangenheit, aber nach meiner Meinung sind die Lektionen, die daraus zu lernen waren, geblieben. 

 

2. Über Pax Christi International

 

Die Versöhnungsgeschichte von Pax Christi

 

Pax Christi wurde von Martha Dortel-Claudat gegründet; ihr Anliegen und ihr Beitrag waren die   Beendigung der Feindseligkeiten  zwischen Frankreich und Deutschland. Die katholische Frau trat an Msgr. Théas, heran, den Bischof von Montauban  (später wurde er Bischof von Lourdes); er kam nach dem Ende des II. Weltkrieges aus einem Kriegsgefangenenlager in Compiègne zurück, wo er gefangen gewesen war. Er war von der Gestapo inhaftiert worden, weil er Juden vor der Vernichtung gerettet hatte.

 

Während seiner Gefangenschaft betete er in der Weihnachtszeit – während des Krieges - um Vergebung für die Deutschen; und das vor französischen Offizieren, die mit ihm in Gefangenschaft waren.

 

Spiritualität und Aktion

 

Es wurden  verschiedene Aktionen durchgeführt, um die katholische Bevölkerung Frankreichs mit der Idee der Versöhnung mit Deutschland vertraut zu machen. Der Nuntius in Paris – damals Msgr. Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII – schlug vor, Kardinal Feltin (Paris) zum internationalen Präsidenten von Pax Christi zu ernennen. Von den französischen Bischöfen war  Kardinal Feltin einer von jenen, die nicht vom Vichy-Regime verschleppt worden waren. Er richtete eine „katholische Perspektive“ eher auf der Horizontalen ein, die – zusätzlich zu Spiritualität und Gebet – Anwalt war für Studium und Aktion für den Frieden in Europa und in der ganzen Welt.

 

Dadurch war die Basis für die Zusammenarbeit gut eingerichtet. Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr junge Deutsche in der rapid wachsenden Arbeit der Bewegung in den westeuropäischen Ländern  engagiert. Pax Christi hat sich weiter in eine Bewegung mit einer Mehrheit von Laien entwickelt, in der die Bischöfe ihre Präsenz als Präsidenten und aktive Mitglieder weiterhin behielten. Diese Tatsache hat der Bewegung eine große Handlungsfreiheit innerhalb der katholischen Kirche gegeben. Die Bewegung wuchs und schuf ein Netzwerk  von nationalen Sektionen, die von lokalen Gruppen hergestellt worden waren; sie hat irgendwie die Unterstützung des Zweiten Vatikanischen Konzils erfahren, das von Papst Johannes XXIII zusammengerufen worden war, um die Kirche weiter für die Wirklichkeiten der Welt zu öffnen. Die Enzyklika „Pacem in Terris“, die sich an alle Menschen guten Willens richtet, unterstützte die Bemühungen von Pax Christi, Brücken zu Menschen außerhalb der  Römisch-katholischen Kirche zu bauen.

 

Die Vision eines vereinigten Europas

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Bewegung eine klare Position an der Seite der Denker  und europäischen Politiker mit Visionen ein – viele von ihnen aus katholischer Herkunft – die entschlossen am Kommen eines vereinten Europas durch wirtschaftliche Zusammenarbeit und kulturellen Austausch arbeiteten. Als sich später der  Kalte Krieg und der Rüstungswettlauf angesichts der Angst vor dem Kommunismus entfaltete, wandte sich die Bewegung zunehmend Überlegungen über konkrete Fragen der Verteidigungspolitik zu. Gleichzeitig begann die deutsche Sektion mit den ersten Initiativen, um vom deutschen Volk die Rückbesinnung auf seine Vergangenheit  der Verfolgung der Juden und der Nazi-Politik gegenüber den Nachbarn im Osten zu fordern.

 

Die deutsche und die niederländische Sektion waren die ersten, deren Schwerpunkt der Dialog und die Herstellung von Kontakten mit katholischen Intellektuellen war, einschließlich jener, die sich später aktiv in der Solidarnosc-Bewegung engagierten, wie Tadeusz Mazowiecki und Halina Bartnowska. Kontakte wurden auch mit Ungarn, der Tschechoslowakei (Charta 77) und der DDR (meistens über Bestrebungen zur Ökumene) hergestellt. Unter der Präsidentschaft von Kardinal Alfrink (aus den Niederlanden) initiierte die Bewegung 1972 auch einen Dialog mit der Russisch-orthodoxen Kirche. 1989 traf man sich zum Kongress in Hilversum (Niederlande) unter dem Motto „In Wahrheit leben“.  Die über Jahre geschaffenen Verbindungen führten zu einem Treffen unter der Präsidentschaft von  Kardinal König (Wien), der selbst jahrelang eine Menge Beziehungen mit Zentral- und Osteuropa aufgebaut hatte. Der Kongress fiel zusammen mit dem Datum des Falles der Berliner Mauer.

 

Bei der Ansprache zu seiner Inauguration betonte Kardinal König die Verpflichtung von Pax Christi für  Zentral- und Osteuropa im Dialog mit Gruppen der Zivilgesellschaft und – wenn nötig – auch mit offiziellen juristischen Personen. Während dieser Periode (1987 – 1989) agierten der Internationale Sekretär und ein Mitglied des Exekutivkomitees unter der Delegierung durch Kardinal König als Verbindungspersonen zwischen dem Vatikan und Leuten aus dem Umfeld von Gorbatschow, was die Teilnahme einer Delegation aus dem Vatikan bei der Milleniumsfeier der Russisch-Orthodoxen Kirche ermöglichte. Hernach öffnete ein Besuch von Kardinal Casaroli bei Gorbatschow den Weg zu einem Besuch von Gorbatschow beim Papst.

 

 

Neue Entwicklungen in Europa

 

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gingen viele, die Kontaktpersonen für Pax Christi waren, in die Politik. Eine neue Generation, oft junge Menschen, führte die Arbeit in Polen (Kontakte zu Litauen, der Jüdischen Gemeinde und Russland), der Slowakei, Ungarn (Rechte der Minderheiten und Geschichtskurse), der  Tschechischen Republik (Vertreibung der  deutschen Gruppen  nach dem Zweiten Weltkrieg) fort. Pax Christi baute ein Netzwerk mit jenen Gruppen auf, unterstützte sie und arbeitete mit ihnen an neuen Themen wie jenen, die die NATO und EU Erweiterung betrafen. Und während der Balkankriege und später waren viele nationale Sektionen aktiv  in diesen Ländern engagiert und haben lokale Friedensinitiativen unterstützt.

 

Die Nord-Süd-Beziehungen

 

In den Mit-Fünfzigern war Pax Christi stark auf Europa zentriert, fing aber schon an, die Nord-Süd-Beziehungen anzupeilen. Ein Hauptfeld war das Unabhängig-Werden der  europäischen Kolonien in den frühen Sechzigern. Pax Christi nahm teil an der Gründung einiger CIDSE Mitgliedsorganisationen (International Cooperation for Development and Solidarity), einer Allianz katholischer Organisationen zur Zusammenarbeit mit dem Süden. Zu diesen  neuen Mitgliedern gehören unter anderen  Broederljik Delen in Belgien und Miserior in Deutschland. Fortschreitend hat  die Bewegung endgültig internationale Dimensionen erreicht. Zurzeit kommt  die Hälfte der Mitglieder des Internationalen Vorstands aus dem Süden.

 

3. Globale Herausforderungen, sich heute für den Frieden in den verschiedenen Gewaltsituationen weltweit zu engagieren

 

3.1  Komplexität und Verknotung

 

Manchmal haben wir das Gefühl, unsere Welt ginge durch nicht endende globale Krisen. Die bereits erwähnten gewaltsamen Konflikte, die wirtschaftliche Situation, die für Millionen Menschen sehr-kompliziert ist, Naturkatastrophen … Und wir sind versucht zu glauben, dies alles habe keine Beziehung zu einander.  Jedoch sind diese Herausforderungen an uns nicht voneinander getrennt zu  sehen, sondern sie sind miteinander verbunden und kommen aus einer tiefliegenden Wurzel. Z.B. hängen die wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten, die viele unter uns anzusprechen versuchen,  anhaltende Armut, die riesige und sich erweiternde Kluft zwischen den sehr Reichen und den sehr vielen Verarmten, ungerechte Handelsabkommen, ungesetzliche und überbordende Schulden und so weiter – als Grund und Folgen  für/von Krieg und gewaltsamem Konflikt zusammen  - und beide sind wieder   Grund und Folge von  Umweltzerstörung und Klimaveränderung. Egal, wo man in die Sache einsteigt, man wird an dieser Verknotung von Gebrochenem und  schlechtem Funktionieren ankommen, wofür es  viele Ausdrucksweisen aber ähnliche Wurzeln gibt. Darüber hinaus sind in dem Themenkomplex, mit dem wir umgehen müssen, existentielle Bedrohungen für das Dasein der Menschen und Überdauern der Erde an sich eingeschlossen (Atomwaffen, katastrophal hohe Emissionen von Kohlendioxid) – auch wenn es viele Indikatoren dafür gibt, dass die Erde überdauern wird, wenn der menschliche Zugriff  auf ihre Integrität aufgehalten wird.

 

Und in dieser anscheinend chaotischen Welt geben wir uns einer unglaublichen technologischen Entwicklung hin (besonders auf dem Gebiet der  Informatik  und Kommunikation), verbunden mit einer Reihe von unglaublichen wissenschaftlichen Entdeckungen im Supermakro- und Supermikro-Bereich, die unser Verstehen  für die Verortung des Menschen im Universum wie auch der enormen Herausforderungen, großen Gefahren und tatsächlichen Hoffnungen dieser neuen Bewusstseins-möglichkeiten komplett verändern. Wir haben also die Fähigkeit, Ordnung in das Chaos zu bringen.

 

3.2 Religion und Gewalt

 

Seit 2007 hat die urbane Welt angefangen, die ländliche Welt zu überwuchern. Wir leben in einer Welt von Begegnungen und Unterschieden, von Pluralismus und fließenden Grenzen (auch wenn Staaten dem nicht zustimmen). Man hat gedacht, dass mit einer wachsenden Modernität  die Religionen verschwinden werden.  Einige Leute haben von einer Welt ähnlich  einem  großen säkularen Frankreich nach der Revolution geträumt. Aber das ist nicht geschehen. In der Tat scheint es, als ob  die Säkularisation  eine Wiederbelebung der Religion stimuliert hat. Das hat natürlich  eine Zunahme des Fanatismus bewirkt und in der Folge religiöse Konflikte. Aber in der Welt von so vielen unterschiedlichen Ansichten betrachten  einige  die Religion auch als wichtigen Faktor  für die Entwicklung der Welt.

 

Alle diese radikalen  Veränderungen, die wir miterleben, sind noch nicht ganz erforscht und wir kämpfen noch um die Antwort auf einige Fragen. Wie sollen wir zusammenleben? Wie sollen wir den Frieden schaffen? Was sollen wir tun, um unsere Menschheit und unseren Planeten zu retten?

 

4. Kulturen von Frieden und Versöhnung erschaffen

 

4.1. Friedensbildung und seine vielfältigen Stadien

 

Ein Freund von Pax Christi erzählte mir diese Geschichte: „Vor einigen Jahren, als mein Sohn kurz davor war die Oberschule abzuschließen- sagte nach einer lebhaften Konversation um den Esstisch herum, einer meiner Aktivistenfreunde, ,,Ich weiß nicht, ob ich dich verfluchen oder segnen soll, Mama. Alle meine Freunde träumen davon die Oberschule abzuschließen, auf das College zu gehen, einen gut bezahlten Job und ein großes Haus zu bekommen und bis ans Ende ihrer Tage glücklich zu leben. Du hast mich dazu gebracht, auf die Realität der Ungerechtigkeit in der Welt zu schauen und jetzt kann ich das nicht ignorieren und mit einem normalen Leben weitermachen.“ Ich schätze, dass die Mama gute Arbeit geleistet hat!

 

Friedensbildung ist immer noch ein schwebendes Thema in vielen Gesellschaften, hauptsächlich deswegen, weil wir vielleicht immer noch eine bruchstückhafte Vision der Bildung haben, so wenn wir denken, dass Lernprozesse an spezifischen Orten zu spezifischen Zeiten geschehen. Wir wissen, wie komplex die Welt der Bildung ist, aber wir sollten uns eine kontinuierliche Verbesserung als Ziel setzen, weil die Gegenwart und die Zukunft unserer Gesellschaften untrennbar in unseren Bildungssystemen verbunden sind. Natürlich rede ich von formeller, nicht formeller und informeller Bildung.

 

4.1.1. Einige Erfahrungen

 

Friedensmuseen

 

Bitte lassen Sie mich damit beginnen. Aber es ist nur eine Notiz, weil das Museumsteam hier die Gruppe der Experten ist. Wenn wir das enorme Ausmaß des Weltraums sehen und die Aufmerksamkeit den kriegsverwandten Problemen in vielen Städten geschenkt wird, können wir sogar eine subtile Vergötterung des Krieges vermuten. Ich denke, dass Orte wie Ihrer in Lindau echte Juwelen sind und ohne Zögern gefördert werden sollten.

 

Friedensschulen

 

Wenn wir über unsere Schulzeit nachdenken, dann sollten wir alle dem Bedürfnis nach beständiger Verbesserung zustimmen. Friedensbildung wurde ein ,,Schulfach“ in einer Anzahl von Schulen; jedoch brauchen wir mehr als das, wir brauchen ,,Friedensschulen“, indem wir das benutzen, was einige ,,den Ganzheitlichen Schulansatz“ nennen. Das bedeutet, dass alle Lerngebiete miteinbezogen werden, alle administrativen Systeme, alle Mitglieder der Schulgemeinschaft (Studenten, Fakultäten und Angestellte) und die breitere Gemeinschaft. Die Beständigkeit der Werte und Aussagen ist entscheidend. Das Zentrum der Friedensbildung in Manila-auf viele Arten mit Pax Christi Philippinen verbunden, versucht das zu machen.

 

Andere

 

Nur um einige mehr zu erwähnen. Pax Christi Flanders bildet junge Erwachsene durch Theaterspielen zur Konflikttransformation aus. Pax Christi Deutschland hat die allgemeine Öffentlichkeit zu Militärausgaben der Regierung unterrichtet. Eine Mitgliedsorganisation im Libanon hat eine Universität der Gewaltlosigkeit gegründet, ja, mit einem Studienplan und einem Abschluss!

 

4.2. Versöhnung und transformative Gerechtigkeit

 

Pax Christi glaubt, dass es keinen echten Frieden ohne Versöhnung gibt. Das ist ein lebendiges Element der Spiritualität von Pax Christi und ein wichtiges Werkzeug bei Pax Christis friedensaufbauender „Werkzeugkiste“. Versöhnung war die begründende Motivation für Pax Christi als eine Bewegung und unser Engagement bleibt stark, um die praktischen Schritte in Richtung der zerbrochenen Beziehungen von Krieg und Ungerechtigkeit zu unterstützen.

 

Jede Gesellschaft muss ihren eigenen Weg zur Versöhnung finden. Versöhnung kann nicht von außen auferlegt werden, auch kann uns nicht der Plan von jemand anderes uns zu unserem Ziel bringen: es muss unsere eigene Lösung sein. Das umfasst eine sehr lange und schmerzhafte Reise, indem die Schmerzen und das Leid der Opfer angesprochen und die Motivationen der Angreifer verstanden werden, sodass entfremdete Gesellschaften zusammen gebracht werden, die versuchen einen Weg zu Gerechtigkeit, Wahrheit und letztendlich zu Frieden zu finden. In jedem neuen Augenblick des gewalttätigen Konflikts müssen neue Lösungen entwickelt werden, die für den bestimmten Kontext, die betreffende Geschichte und Kultur geeignet sind. Und  dabei gibt es neben den Unterschieden zwischen Kapstadt (Südafrika) und Kigali (Ruanda), zwischen Belgrad (Serbien) und Belfast (Nordirland) auch Übereinstimmungen in jeder Situation. Am Ende der Versöhnung steht die Realität der menschlichen Versöhnung.

 

In diesem Prozess  heben wir das Bedürfnis einer ,,transformativen Gerechtigkeit“ hervor, bei der die Wiederherstellung der Wahrheit benötigt wird, sowie die Betrachtung von ausgleichender Gerechtigkeit gegenüber stärkender Gerechtigkeit, Heilung als der erste Schritt auf der Reise zur Versöhnung, verteilende Gerechtigkeit, die sich auf die Bedürfnisse der Opfer durch Entschädigung und Wiedergutmachung, und wirtschaftliche Entwicklung, welche ihren Lebensstandard umwandelt, konzentriert, sodass sie zumindest mit minimaler Anständigkeit leben können.

 

4.2.1. Einige Erfahrungen

 

Kroatien

 

Während des Krieges im Balkan bereitete das Zentrum für Frieden, Ohne Gewalt und Menschenrechte in Osijek (Mitgliederorganisation in Kroatien) die Grundlage für die friedliche Wiederkehr der verdrängten Personen und Flüchtlinge vor, indem sie Vertrauen quer durch die ethnischen Teilungen aufbauten und eine interethische Zusammenarbeit nach dem Krieg initiierten, durch den die multi-ethnische Gesellschaften zerrissen wurden. Fast 20 Jahre später sind die Wunden nicht geheilt, aber viele Bürger (inbegriffen des Zentrums) und die örtliche Regierung fördern das inter-ethnische Vertrauen, um den Prozess in Richtung Versöhnung zu begleiten.

 

Ruanda

 

In Ruanda hat die „Association Modeste et Innocent “ (AMI) ein Programm bei dem kleine Gruppen von Hutus und Tutsis über viele Monate hinweg beraten werden, bei dem die formelle Forderung der Täter für Vergebung seinen Höhepunkt erreicht. Wenn Vergebung von dem Überlebenden bewilligt wird, dann bringen der Täter und seine Familie typischerweise einen Korb an Spenden-normalerweise Essen und Sorghum oder Bananen-Bier. Die Vereinbarung wird mit Gesang und Tanz besiegelt. Mit den Worten der zwei Überlebenden: ,,Manchmal gibt Gerechtigkeit einem keine befriedigende Antwort- die Fälle unterliegen Korruption. Aber wenn es um Vergebung geht, die aus freien Stücken bewilligt wird, dann ist man ein für alle Mal zufrieden. Wenn jemand voller Ärger ist, dann kann er seinen Verstand verlieren. Aber als ich Vergebung bewilligt habe, habe ich gefühlt, dass mein Verstand zur Ruhe gekommen ist“ (Christophe Karorero).

 

Mit dieser Hingabe für Versöhnung reflektiert Pax Christis Spiritualität auch eine tiefe Wertschätzung der Vielfalt. Obwohl wir eine Katholische Friedensbewegung sind, teilen und erweitern viele Leute von unterschiedlichem Glauben und kulturellen Traditionen unsere Reise in Richtung Frieden. In Neuseeland zum Beispiel, haben die Pax Christi Mitglieder von der Maori Kultur gelernt, dass der Schlüssel zum Frieden Achtsamkeit ist, Sensibilität wer wir sind und wo wir sind, was einen kontinuierlichen Dialog mit sich selbst, dem Nachbarn, Gemeinschaften, Nationen, der Erde und den Menschen umfasst. Die Maori glauben, dass man einen Streit schlichtet, um die richtigen Beziehungen wieder einzuführen, die Realität der Gewalt und des Schadens der Opfer  und der Täter zu enthüllen, um Wahrheit und Integrität bei der Reparatur des Schadens sicherzustellen, indem Mitleid, Verzicht und Großzügigkeit bei der Heilung eingeführt werden.

 

Unterstützung von ehemaligen Kämpfern, die zurück in ein Leben in die Gesellschaft kehren

 

Pax Christi ist eine Mitgliederorganisation aus Belgien, DR Kongo und Burundi haben in den letzten Jahren ein Projekt für die Wiederintegration ehemaligen Kämpfer umgesetzt. In den Ländern, in denen demobilisierte ehemalige Kämpfer einem gemeinschaftlichen Prozess gefolgt sind, der sie in aktiver Nicht-Gewalt und sozialer Integrierung trainiert hat, und jetzt damit begonnen haben kleine Projekte, die ein Einkommen generieren, aufzubauen, die ihnen dabei helfen sie bei ihrer Wiederintegration in die Gesellschaft voranzubringen. Das Projekt hat auch dabei geholfen, die Kapazitäten der örtlichen Mitgliederorganisationen zu stärken, da sie für Frieden in einer Region arbeiten, die in ernsten Konflikten steckt.

 

4.3.  Gewaltlosigkeit als eine durchführbare Möglichkeit

 

Pax Christi glaubt, dass Gewaltlosigkeit eine durchführbare Möglichkeit in der Welt des gewalttätigen Konflikts ist, in der wir leben. Trotzdem sind wir auch davon überzeugt, dass es nur geringen politischen Willen dazu gibt, sein Potential zu erforschen. Theodore Roszak schrieb, dass die ,,Leute für eine Woche Gewaltlosigkeit testen, und wenn das ,,nicht funktioniert“, sie zurück zur Gewalt kehren, was Jahrhundert nicht funktioniert hat.“

 

Es gibt eine beachtliche Debatte über die präzise Bedeutung der Gewaltlosigkeit. Für einige ist die gewaltlose Aktion eine nützliche Technik, um sich mit Konflikten auseinander zu setzen oder um soziale Veränderungen einzuführen; für andere ist Gewaltlosigkeit eine moralische Notwendigkeit oder sogar eine Lebensweise. M.L. King erklärte, dass ,,Der nicht gewalttätige Gegner sich nicht nur weigert seinen Kontrahenten abzuschießen, aber er weigert sich auch, ihn zu hassen. Im Zentrum der Gewaltlosigkeit steht das Prinzip der Liebe; und er warnte, dass die ,,Taktiken der Gewaltlosigkeit ohne den Geist der Gewaltlosigkeit vielleicht eine neue Art der Gewalt werden.“

 

4.3.1. Einige Erfahrungen

 

Mütter und Verwandte der Verschwundenen

 

Ich erinnere mich an eine Konversation mit Alicia García in El Salvador. In ihrem Leben verlor sie einen Bruder und einen Sohn, und ihre Tochter wurde entführt und gefoltert. Aber Alicia und eine Gruppe von Freunden formten mit der Unterstützung des Bischofs Oscar Romero das Komitee der Mütter der Verschwundenen ,,Oscar Romero“ (COMADRES). COMADRES wurde einzigartig: Eine Gruppe von mutigen Frauen, die sich erhoben und sich zu Gerechtigkeit äußerten, indem sie die Wahrheit über das Verschwinden der Söhne, Töchter und Verwandten verlangten, die mit Gewalt von ihren Familien weggenommen wurden. Eine Geschichte, die sich mehrfach in ganz Lateinamerika wiederholt hat. Alicia und ihre Mitstreiter, die mutigen Frauen, standen viele Male militärischer Brutalität gegenüber, aber sie hielten gewaltlos stand. Sie überwanden die Angst, weil in ihren Herzen überströmende Liebe und Hoffnung war, da Gerechtigkeit und Frieden in ihren Seelen brannten. Mit unglaublicher Bestimmtheit überwanden sie Gewalt mit aktiver Gewaltlosigkeit. Sie sahen einen Hoffnungsschimmer, wo viele andere nur Verzweiflung sahen; aber da sahen sie Licht, das aus kleinen Ritzen kam und sie entschlossen sich dazu, ihm zu folgen. Und sie wurden erhört.

 

Lateinamerikanische Gemeinschaften, die extraktiven Projekten gegenüber stehen

 

Vor kurzem hat Pax Christi International in Lateinamerika örtliche Gemeinschaften begleitet, die in Gebieten mit großen natürlichen Ressourcen Extraktions-Projekte leben, um ihre Kapazitäten zu stärken und ihre Konflikte durch aktive Gewaltlosigkeit umzuwandeln. Mehrere Prozesse wurden mit den Gemeinschaften in Peru, Kolumbien, und Guatemala aktiviert. Diese Projekte zerstören ernstlich die Gemeinschaften und die Umgebungen, in denen sie leben, aber diese Gemeinschaften-meistens ländlich, haben sich dazu entschlossen, sich dem Konflikt durch aktive Gewaltlosigkeit zu stellen (was die Benutzung von rechtlichen Mechanismen beinhaltet, wenn nötig).

 

Unbewaffneter Bürgerschutz

 

Unbewaffneter Bürgerschutz (UCP) bezieht sich auf die Benutzung von unbewaffneten Bürgern-Männer und Frauen, zur ,,Friedenssicherung“ (Gewalt vorbeugen, reduzieren und stoppen). Es ist eine übliche Schlussfolgerung, dass nur bewaffnetes Militär oder die Polizei die Arbeit der Friedenssicherung machen können, trotzdem haben unbewaffnete Bürger erfolgreich ,,den Frieden erhalten“, in Situationen von gewalttätigen Konflikten in der ganzen Welt, und ihre Zahlen erhöhen sich. Nonviolent Peaceforce und Peace Brigadas International sind unter den Organisationen, die UCP vorbereiten und anwenden.

 

Im Dezember 2014 genehmigte die UN Generalversammlung (UNGA) eine Auflösung zu der ,,Weiterverfolgung der Erklärung des Aktionsprogramms zu Kultur des Friedens“, das von Bangladesch vorgebracht und von über 100 Ländern mitgesponsert wurde. UCP war in der Resolution erwähnt, das war das erste Mal, dass UCP offiziell in eine UNGA Resolution miteinbezogen wurde.

 

5. Eine letzte Geschichte

 

Lassen Sie mich mit einer anderen Geschichte abschließen. Ich habe sie von Marie Dennis gehört, unserem Internationalen Co-Präsidenten. ,,Vor einigen Jahren besuchte ich ein kleines Dorf in dem Shamali Tal außerhalb von Kabul- ein paar Zelte und ein Haus oder zwei, die von Familien bewohnt waren, die versuchten das Leben zurück zu gewinnen, nachdem sie jahrelang als Flüchtlinge in Pakistan gelebt hatten. Der enge Weg zu einer der kleinen Häuser war mit Steinen ausgekleidet, die halb schwarz und halb weiß bemalt waren. Die weiße Hälfte der Steine markierte den Eingangsweg und zeigte, dass der Weg frei von Landminen war. Die rote Hälfte der Steine verwiesen auf den Rest des Gartens um das Haus herum. Es bedeutete, dass dort Landminen vergraben sein könnten. Wie eine Familie mit Kindern und Tieren in solch einer Situation überleben können, geht über meine Vorstellungskraft hinaus. Sie versuchten, genauso wie alle ihre Nachbarn, sich eine Existenz in einer Landschaft zu erkämpfen, die mit Landminen und nicht explodierten Granaten, inbegriffen Bomben und Splitterbomben, durchlöchert war.

 

Hoffnung war in dem Dorf ganz klar präsent. Was sonst würde diese mutigen Familien  antreiben, zurückzukehren? Aber es war schwierig, es näher zu bestimmen. Die Weinberge platzten vor Leben, beladen mit Weintrauben, sie waren auch mit Landminen versetzt.   Minenräumer bahnten sich sorgfältig  ihren Weg nach unten durch die  Reihen von Weinreben, und verdrängten langsam die Angst, die schreckliche Bedrohung der Gewalt, um Platz für das Leben zu schaffen.

 

Arbeit in Richtung der Neuen Kreation, Friedensarbeit ist so wie das- indem langsam die Angst verdrängt wird, die schreckliche Bedrohung der Gewalt, die Realität der sozialen Ungerechtigkeit, um Raum für das Leben zu schaffen.“