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Impuls zum 3. August

Zum 18. Sonntag im Jahreskreis

Von Monika Bossung-Winkler, Diözesanverband Speyer

Habgier – Die Wurzeln von Streit und Gewalt

Ein Schreckensszenario
In der Sonntags-Taz vom 13.07. fiel mir eine Rezension zum Buch von Carlo Masala „Wenn Russland gewinnt“ in die Hände. Er beschreibt darin ein Szenario, wie es nach einem Frieden nach russischem Diktat mit der Ukraine weitergehen könnte. Und wie dann das nächste Land, das Russland angreifen wird, Estland sein könnte. Der Artikel ist auch wieder mit einem Seitenhieb auf diejenigen, auch innerhalb der SPD, versehen, die immer noch auf Diplomatie setzen.

Ich gebe zu, das Szenario ist erschreckend. Ich will trotzdem immer noch nicht glauben, dass die massive Aufrüstung, die im Moment geplant ist, wirklich den Frieden sichern kann. Rüstungsausgaben, wegen derer Sozialleitungen und Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit gekürzt werden. Militäreinrichtungen, die in ihrer Umgebung die Umwelt schädigen. Raketen und Raketenabwehrsysteme, die den Klimawandel weiter befeuern. Sieht so unsere Zukunft aus? 

Gott, wir erleben eine Zeit der Kriege und gewaltsamen Konflikte:
Die Menschen in der Ukraine erleiden täglich Angriffe durch Raketen und Drohnen. Zivilist*innen sterben, Häuser und Infrastruktur werden zerstört. Herr, erbarme Dich.
Im Nahen Osten ist eine dauernde Waffenruhe in weiter Ferne. Die hungernden Menschen in Palästina können nur unzureichend unterstützt werden: Christus, erbarme Dich.
Weitgehend unbeachtet bleiben die bewaffneten Konflikte im Globalen Süden wie beispielsweise im Sudan oder in Myanmar: Herr, erbarme Dich.

Jesus als Schlichter im Erbschaftsstreit
Im heutigen Evangelium soll Jesus in einem Erbschaftsstreit schlichten. Ein Sohn des Verstorbenen möchte, dass sein Bruder das Erbe mit ihm teilt. Jesus nimmt das zum Anlass, die Habgier als solche auf den Prüfstand zu nehmen.
Lk 12, 13 Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen! 14 Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt? 15 Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt. 16 Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. 17 Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte. 18 Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. 19 Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Seele, nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich! 20 Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es einem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber bei Gott nicht reich ist.

Der Streit ums Erbe ist immer noch eine der häufigsten Auseinandersetzungen unter Geschwistern. Die Hinterlassenschaft von Menschen erweckt immer Begehrlichkeiten. Manchmal sogar von Menschen, die überhaupt nicht mit dem Verstorbenen verwandt sind. Ich fand es äußerst befremdlich, dass schon Leute das Haus meines Vaters kaufen wollten, bevor er überhaupt beerdigt war.

Wenn wir die Kriege in der Ukraine und in Palästina betrachten, sind auch sie irgendwie ein Erbschaftsstreit. Putin, der sich als Erbe der Sowjetunion sieht und die Ukraine als deren Teil. (Auch wenn die Hintergründe des Krieges viel komplexer sind).

Auch im Konflikt zwischen Israel und Palästina vertreten radikale, aber mächtige Minderheiten die Meinung, sie seien Erben des ganzen Landes und sprechen dem jeweils anderen das Recht ab, dort zu leben.

Wie reagiert Jesus auf die Anfrage, den Streit zu schlichten? Er lässt sich überhaupt nicht darauf ein. Er weiß, egal, wem der beiden Brüder er Recht gibt, es wird nicht funktionieren, solange nicht die Ursache beseitigt ist: die Habgier.

Wie so häufig antwortet Jesus mit einem Gleichnis: von einem reichen Mann, der weiter Schätze sammeln will, aber nicht bedenkt, dass das Leben endlich ist. Und dass sich nach seinem Tod wahrscheinlich Andere um das Erbe streiten werden.

Für Jesus besteht der wahre Reichtum im Teilen.  Denen zu geben, die es nötig haben. Wenn alle „nur“ das haben, was sie wirklich brauchen, dann ist auch für einen Aggressor nicht viel zu holen.

Ein Hoffnungsszenario
Vor einigen Jahren begeisterte uns ein anderes Szenario: „Sicherheit neu denken“. Es stellte die Möglichkeit einer nicht-militärischen Verteidigung in den Raum; einer Sicherheitsstruktur, die auf Dialog setzt; einer Nutzung frei werdender Ressourcen für die Bekämpfung des Klimawandels und für den Aufbau nachhaltiger und gerechter Strukturen des Welthandels – auch in Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden.
Dieses Szenario hat allerdings nicht verschwiegen, dass es auch ein Negativszenario gibt. Dass Rüstungsausgaben gesteigert werden, Konflikte zunehmen und der Klimawandel befeuert wird. Auf dem Weg in dieses Szenario sind wir momentan.

Es wäre schön gewesen, Herr Masala hätte auch ein Positivszenario entwickelt, so wie „Europas Rolle für den Frieden in der Welt“ von „Sicherheit neu denken“. Ich möchte weiterhin daran glauben, dass Verhandlungen zum Frieden führen können. 

Lasst uns im Vertrauen auf die verändernde Kraft der Botschaft Jesu darum beten:
Guter Gott, Dein Sohn Jesus war in Israel und Palästina zu Hause. Für ihn gab es keine Grenzen zwischen Menschen und Nationen. Begleite die Menschen in Israel und Palästina, die sich für ein Ende des Krieges und Verständigung einsetzen.

Stärke die Menschen, die sich für faire Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine engagieren.
Sei bei den Männern, die vor allem in Russland den Kriegsdienst verweigern wollen. Lass sie Orte finden, die sie aufnehmen und schützen.

Lass die Menschen nicht verstummen, die weitere Aufrüstung und Erhöhung der Militärausgaben hinterfragen.
Wir wollen die Bitten zusammenfassen in dem Gebet, das Jesus uns gelehrt hat: Vater unser im Himmel. …
 
Segen
Guter Gott, in einem Segenslied heißt es:
„Frieden gabst Du schon, Frieden muss noch werden … Hilf, dass wir ihn tun, wo wir ihn erspähen. Die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.“

Segne uns auf diesem Weg, den Frieden zu säen. Amen.